Was muss ein „Tatort“ leisten? Er muss in jeder Sekunde zu hundert Prozent verständlich sein, auch für jemanden, der eine Stunde zu spät einschaltet. Die Frage „Wer war es?“ hat sich dem unterzuordnen. Das Privatleben der Polizisten – in diesem Fall der Kommissarinnen – ist von höchstem Interesse. Eine moralische Lektion sollte es in neunzig Minuten mindestens geben. Die Stadt, in welcher der „Tatort“ spielt, wird so bebildert, dass der Zuschauer stets glaubt, es könne sich auch um New York handeln. Humor ist wichtig, muss aber den Geschmack aller Altersgruppen treffen. Redakteur im Feuilleton. • Genau daran soll und muss sich ein „Tatort“ selbstverständlich nicht orientieren, aber das Muster findet sich nach 45 Jahren der Krimi-Reihe noch immer – zum Beispiel in dem recht neuen „Tatort“ aus Dresden, mit dessen Verfassung der Regisseur Dror Zahavi am Sonntag in der Episode „Der König der Gosse“ ringt. Der „Sozialunternehmer“ stürzt in die Tiefe Der Fall nach einem Drehbuch von Ralf Husmann und Mika Kallwass spielt im Obdachlosen-Milieu. Hans-Martin Taubert (Michael Sideris), Sozialunternehmer, Gründer der „Berberhilfe“ und schillernder Lebemann, dessen Charakter dem realen Vorbild eines gewissen Hans-Harald Ehlert, ehemaliger Chef der Berliner Treberhilfe mit einer Vorliebe für, nachempfunden scheint, stürzt von einer Brücke. Zwei Männer haben ihn hinuntergestoßen, wie die Schwarzweiß-Rückblende zeigt. • Oliver Jungen • Empfehlungen: 9 Es treten auf drei rührende Obdachlose: Anführer „Hansi“ (Arved Birnbaum), der die Fäuste nicht immer unter Kontrolle hat; „Platte“ (David Bredin), der mit einem Leierkasten unterwegs ist, und „Eumel“, mit Sprachfehler und Pudelmütze, der sich an passender Stelle als gelernter Koch entpuppt. Diese drei, deren Texte meist nach Sachkundeunterricht klingen, treffen auf das resolute Ermittlerduo, Oberkommissarin Henni Sieland (Alwara Höfels) und Oberkommissarin Karin Gorniak (Karin Hanczewski) – die durcheinanderredenden Obdachlosen, die sich als Leibwächter des Opfers vorstellen, gehen den Ermittlerinnen gehörig auf die Nerven. Doch schon nach dem ersten Wortwechsel geht es unvermittelt um das Privatleben von Kommissarin Gorniak. War doch auch ihr Vater ein Trinker, ein „Loser“. Kollegin Sieland hat einen fesch gescheitelten Freund (Franz Hartwig), der am Computer „Pixel durch die Gegend“ schiebt. Karin Gorniak zieht im Alleingang ihren sensiblen Rotzlöffel von Sohn (Alessandro Emanuel Schuster) groß, der ihr Schokoladenkuchen backen will, das misslungene Ergebnis jedoch wütend an die Fotowand klatscht – und dort belässt. Der ulkige Vorgesetzte – Martin Brambach als Charakter-Kalauer Peter Michael Schnabel – bekommt eine tapsige Mitarbeiterin aus dem Betrugsdezernat zur Seite, die für Konflikt- und Kicherpotential zu sorgen hat. Die Spitzen der beiden „Amazonen“ (Schnabel) unterlaufend, darf Kommissarin Wiebke Lohkamp (Jule Böwe) mit Schnabel flirten und dessen Schrullen gutheißen, die sich in Dosenmilch und einem Kaffeebecher mit der Aufschrift „Schnabeltasse“ erschöpfen. Und der Fall? Die üblichen Verdächtigen schildern in Rückblenden, was in der Tatnacht passiert ist. Sozialunternehmer Taubert soll sich nebst seinen drei Leibwächtern mit einem „Schlipsträger“ beim Nobelitaliener getroffen haben. Auch der mürrische Bruder von Taubert (Urs Jucker), der in seinem Fitnessstudio Protein-Riegel verkauft, ist verdächtig. Filmkritik zu Tatort: Der König der Gosse - Kritik: Ich glaube, mit dem Brambach könnten wir noch ne Menge Spaß haben. Sendetermin: So, 02.10.16| 20:15 Uhr Den 'Tatort' in voller Länge finden Sie ab Ausstrahlung 7 Tage von 20 Uhr bis 6 Uhr hier im YouTube-Kanal. Es ist schon schwer, ein guter Mensch zu sein. Als Kommissarin Henni Sieland (Alwara Höfels) die drei Obdachlosen Platte, Eumel und Hansi mit nach Hause bringt, ist ihr Freund Ole (Franz Hartwig) alles andere als begeistert. 'Wer ist denn mit dem,Refugees welcome'-T-Shirt angekommen?' 'Das war ein T-Shirt, und das sind drei Penner in Echt', antwortet er entsetzt, als die drei sich über Wein und Lachs hermachen. Außerdem habe er nichts getragen, das Einheimische willkommen heißen würde. Der zweite Dresden-'Tatort' 'Der König der Gosse' spielt im Obdachlosenmilieu und fördert unangenehme Wahrheiten zu Tage. Zum Beispiel: Was sieht die Gesellschaft in Menschen, die am Rande oder außerhalb von ihr stehen? Nicht viel, wie der Film zeigt. Als der Sozialunternehmer Hans-Martin Taubert von einer Brücke stürzt, sind die drei Obdachlosen die einzigen Zeugen. Viel Bedeutung wird ihren Aussagen nicht beigemessen - sie seien eh betrunken gewesen. Deshalb wird der Bruder des Ermordeten, Hajo Taubert (Urs Jucker), verdächtigt, der sich von ihm 50.000 Euro geliehen haben soll. Probleme im Privaten Das erste weibliche Ermittler-Duo hat im Privaten weiter zu kämpfen. Die alleinerziehende Karin Gorniak (Karin Hanczewski) bekommt wieder großen Ärger mit ihrem Sohn, Henni Sieland mit ihrem Partner. Zum Glück spiegelt Drehbuchautor Ralf Husmann ('Stromberg') den Konflikt zwischen den beiden Frauen und Kripo-Chef Peter Michael Schnabel (Martin Brambach), der noch mit sich hadert, ob er die Emanzipation als Errungenschaft ansehen soll. Doch wird es auch böse und amüsant, wenn die beiden Frauen in schönster Chauvi-Manier über die neue Kollegin Wiebke Lohkamp (Jule Böwe) aus dem Betrugsdezernat lästern, der sie eine Affäre mit dem Chef unterstellen. Ihre Meinung zum Thema ist gefragt Schreiben Sie jetzt Ihre Meinung zu: 'Tatort: Der König der Gosse' aus Sachsen spielt im Obdachlosen-Milieu Mich über weitere Kommentare per Mail benachrichtigen Kommentar senden Vielen Dank für Ihren Beitrag! Ihr Kommentar wird nun gesichtet. Im Anschluss erhalten Sie eine E-Mail von uns. Bitte beachten Sie, dass es bei einem großen Kommentaraufkommen zu längeren Wartezeiten kommen kann. Wir sichten die Kommentare werktags zwischen 09 und 22 Uhr. Samstags und sonntags sind wir in der Regel von 10 bis 18 Uhr für Sie da.
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March 2019
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